Gregorius konnte nicht schlafen. Er dachte die ganze Zeit
daran, was der Abt sagen würde, wenn er die Flasche fand. Josef hatte
versprochen sie, im Laufe des Tages, in die Gemächer des Klosteroberhauptes zu
bringen. Der Prior würde toben, wenn er davon erfuhr. Die Glocken läuteten, sie
riefen zum Morgengebet. Während des Gottesdienstes suchte Josef den
Blickkontakt zu Gregorius und strahlte ihn an. Anscheinend hatte der Trank
gewirkt.
Der Tag zog sich dahin. Im Klostergarten gab es genug zu
tun, doch die Gedanken schweiften ständig ab. Was wäre, wenn der Abt nicht
erkannte, dass die Flasche einen Inhalt enthielt?
Ohne dass etwas geschah, ging ein arbeitsreicher Tag zu
Ende. Gregorius war enttäuscht. In der Nacht schlich er sich erneut in den
Weinkeller, um sein Buch nochmals in Augenschein zu nehmen. Die 150 Seiten
Pergament hatte er selbst eingebunden und mit eigenwilligen Zeichnungen seiner
unzähligen Heilpflanzen versehen. Vertieft in das Geschriebene, bemerkte er
nicht, dass eine Gestalt die Steinstufen betrat und auf ihn zusteuerte. „Mein
lieber Gregorius, ich dachte, dass ich dich hier finde. Glaubst du wirklich ich
hätte nicht bemerkt was du all die Jahre hier unten getan hast? Ein Abt weiß
immer was in seinem Kloster geschieht.“ Verdattert und völlig regungslos starrte
Gregorius seinen Meister an. Sekunden später warf er sich auf den Boden und
stammelte: „Ich habe nur Gutes im Sinn gehabt. Meine Experimente, meine
Heilpflanzenkunde, all dies tat ich nur für Euch.“ „Ich weiß mein Bruder,
erhebe dich. Ich finde es höchst manierlich, dass du mich in besonderer Art und
Weise davon unterrichten wolltest. Die Flasche Wein hat mich sehr amüsiert. Nun
zeige mir dein Buch, ich sah vor Augenblicken, dass du es studiert hast.“
Gregorius legte das Werk in die Hände des Abts, der sich auf eine Kiste setzte
und anfing darin zu lesen. Gregorius sah aufgeregt zu. „Bruder, es wird eine
Weile dauern, öffne einen guten Tropfen und wir empfangen den Geist des Weines,
der uns erleuchten wird.“ Diese Nacht vergaß Gregorius nie mehr in seinem
Leben.
Der Abt hatte sein Werk begeistert angenommen und sorgte
dafür, dass es ins Volk getragen wurde. Der Prior wurde ins Exil geschickt, da
er dem Fortschritt im Wege war. Gregorius übernahm dessen Amt und wurde
berühmt.
Glück und Erfolg liegen manchmal im Geist des Weines...
und deren Flaschen.
Anna-Lena grinste breit. „Einen wahren Satz hat der Autor
zum Schluss geschrieben. Prost mein Schatz, auf Glück, Erfolg und hohe
Verkaufszahlen!“ ©AZ
Prösterchen! sehr schön deine "Geistergeschichte"
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