Hurra, es ist ein Märchen...
Mariechen von der Sommerwiese und die
Hexenelfe
Es war einmal ein kleiner Marienkäfer mit Namen Mariechen.
Sie lebte mit ihrer Familie auf einer kleinen Sommerwiese mitten in einem
Freilichtmuseum. Dort war immer etwas los. In den Sommermonaten kamen viele
Besucher in das Museum. Familien mit Kindern, die gerne wissen wollten, wie die
Menschen und Tiere früher gelebt haben. Auch alte Menschen erfreuten sich, da
sie an ihre Jugend erinnert wurden. Mariechen flog schon früh am Morgen los, um
Läuse zu suchen, da dies ihr allerliebstes Essen war. Ihre Eltern und die
Geschwister waren immer in der Nähe, denn es drohten Gefahren, die so ein
kleiner Marienkäfer nicht absehen konnte. Mutter Marienkäfer hatte ihr
beigebracht sich immer unter einem Blatt zu verstecken oder die Farbe einer
Pflanze zu wählen, die genauso aussah wie ihr eigenes Flügelkleid. So konnten
die neugierigen Menschen Mariechen nicht finden und mit ihr spielen, denn das könnte
sie das Leben kosten. Menschenkinder waren meistens nicht vorsichtig genug,
denn Mariechens Flügelkleid war sehr zerbrechlich.
Heute war es besonders warm in der Morgensonne
und Mariechen tanzte von Pflanze zu Pflanze, weil sie gute Laune hatte.
Plötzlich schaute sie sich um: Wo war die Familie geblieben? Normalerweise
waren sie immer in Sichtweite. Wahrscheinlich kommen sie gleich, tröstete sich
Mariechen und flog auf eine schöne, rote Klatschmohnblüte. „Hej, wer stört mich da?“, brummte eine Stimme
hinter dem Blütenkelch. „Ich bin´s
Mariechen und wer bist du?“ „Die dicke Erna, du störst“, brummte es zurück.
Jetzt konnte Mariechen eine dicke Hummel erkennen, die Pollen sammelte. „Hallo
dicke Erna, entschuldige bitte, ich wollte dich nicht stören. Ich mache eine
kurze Pause und warte auf meine Familie, denn ich war so voller Freude über den
schönen Morgen, dass ich zu schnell geflogen bin und jetzt habe ich sie aus den
Augen verloren“. „Na dann warte hier, ich bin sowieso fertig und muss weiter“,
brummte Erna und flog davon. Mariechen machte es sich am Blütenstempel bequem.
Zum Glück hatte sie gut gefrühstückt, daher vermisste sie nichts. Die Zeit
verging. Am Himmel hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht, es war schon
Mittag geworden. „Hej, was gammelst du hier
so herum?“, tönte eine fröhliche Stimme von der Seite. Mariechen erhob sich und
schaute sich um. Auf der Nachbarblüte lag gemütlich ein Grashüpfer und kaute
auf einem Grashalm herum. „Ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Hast du
nichts zu tun?“, fragte er belustigt. „Ich habe mich verflogen und warte, dass
mich meine Familie findet. Ich finde es gar nicht lustig, dass du mich heimlich
beobachtest, du könntest mir besser behilflich sein. Hast du vielleicht meine
Familie gesehen?“ „Nein leider nicht. Oh Gott, da kommt ein Mensch auf uns zu.
Schnell versteck´dich. Ich hüpfe weiter. Viel Glück noch!“. Der Grashüpfer
verschwand mit einem großen Sprung in die Wiese. Mariechen ärgerte sich. Der
Kerl hatte sich noch nicht einmal vorgestellt. Sie hörte Menschenstimmen.
Schnell versteckte sie sich hinter dem Blütenstempel. Doch die Stimmen
entfernten sich wieder. Dem kleinen Marienkäferchen wurde es Angst und Bang ums
Herz, ihr Magen begann zu knurren und sie hatte inzwischen fürchterlichen
Durst. „Vielleicht finden sie mich nie mehr und ich muss hier verhungern und
verdursten“, jammerte sie vor sich hin. In diesem Augenblick wurde es dunkel,
ein großer Schatten hatte die Sonne verdeckt. Mariechen zitterte vor Angst.
Plötzlich rüttelte und schüttelte es ganz fürchterlich. Mariechen hatte Mühe
sich am Stempel festzuhalten. Eines dieser Menschenkinder war zurückgekehrt,
hatte verbotenerweise den Klatschmohn gepflückt und hielt ihre Nase in den
Blütenkelch, um daran zu riechen. „Mama, schau´, hier sitzt ein Marienkäfer in
der Blüte“, hörte Mariechen das Menschenkind rufen. „Tanja, was habe ich dir
gesagt, du sollst hier keine Blumen pflücken. Das ist hier verboten“, sagte
eine schrille Frauenstimme. „Genau, das hat mir meine Mama auch erklärt und
gesagt, dass ich hier sicher bin“, rief Mariechen mutig und schaute hinter dem
Stempel hervor. Ohne Vorwarnung kam ein riesiges Gebilde auf Mariechen zu.
„Komm kleines, klettere auf meinen Finger“, bat das Menschenkind. Mariechen
zögerte und versteckte sich wieder. Dann stellte sie sich tot, dies hatte Papa
ihr beigebracht. „Wenn Gefahr droht, bewegst du dich nicht und tust so, als ob
du tot wärst“, hatte er gesagt, „dann haben die Feinde kein Interesse mehr an
dir und du kannst fliehen, sobald sie dich loslassen“. Das Menschenkind
schubste Mariechen hin und her, aber sie bewegte sich nicht. „Mama, der
Marienkäfer ist tot“, hörte Mariechen das Kind schreien. „Schmeiße die Blume in
die Wiese und komm“, rief die Mutter zurück und zog anschließend das Mädchen
mit sich fort. Achtlos landete der Klatschmohn mit Mariechen in der
Sommerwiese. Die wartete erst einmal, weil sie sich nicht sicher war, ob die
Menschen zurückkamen. Plötzlich lachte eine glockenhelle Stimme über ihr: „Hi, hi,
hi du bist gar nicht
tot, ich seh´ dich blinzeln! Diesen uralten Trick kenne ich“. Mariechen öffnete
zuerst das eine Auge und lugte nach oben. Sie sah auf einem Grashalm ein Wesen
sitzen, welches ihr noch nie begegnet war. Schnell öffnete sie das zweite Auge,
um es genauer zu betrachten. Ein zierliches Ding in menschenartiger Gestalt, in
einem hellrosa Rüschenkleidchen und nackten Beinen und Füssen, wippte auf dem
Grashalm auf und ab. Langes, silbrig glänzendes Haar umrahmte ein zartes,
ebenmäßiges Gesicht und die Lippen waren zu einem Lächeln gekräuselt. Belustigt
schaute sie auf Mariechen herunter. Ihre Hände hielten sich beidseits am Halm
fest, damit es nicht herunterfiel. „Wer bist du?“, fragte Mariechen und schaute
staunend nach oben. „Ich heiße Gerlinde, aber alle nennen mich Lindchen. Ich
bin die Hexenelfe des Zauberwaldes. Immer wenn ein Tier in Not gerät, klingelt
bei mir ein Glöckchen und ich mache mich auf den Weg, um zu helfen. Du hast
dich verflogen, stimmt's?“ „Oh ja, es ist schon Mittag und ich habe Hunger und
Durst. Ich heiße Mariechen und seit heute Morgen bin ich hier. Ich habe mich so
über den schönen, warmen Sommertag gefreut und bin zu schnell davon geflogen.
Dabei habe ich meine Familie verloren. Die machen sich bestimmt Sorgen.“
Mariechen erzählte wie ein Wasserfall, was ihr bisher passiert war. Die
Hexenelfe grinste spitzbübisch. „Ja, ja, das geht einem so, wenn man übermütig
ist. Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass du bei ihnen bleiben
sollst, hier draußen auf der Sommerwiese?“ „Doch schon, aber ich habe es in dem
Moment, als ich die vielen bunten Blumen sah, vergessen“, sagte Mariechen mit
reumütiger Stimme. „Dabei kann man schnell in Gefahr geraten und meistens geht
es nicht so glimpflich ab, wie bei dir heute“, meinte die Hexenelfe mit
strengem Blick. Mariechen schämte sich. „Nun, ich wäre keine Hexenelfe, wenn
ich dir nicht helfen könnte“, kam es beruhigend hinterher. Gleich werden deine
Eltern und Geschwister hier sein. Ich habe ihnen einen Botenschmetterling, den
Admiral, geschickt und der führt sie hierher. Für eines muss ich dich noch
loben: Du hast auf den Rat deines Vaters gehört und dich tot gestellt. Dies hat
dir das Leben gerettet. Also höre, bis du erwachsen bist, immer auf Vater und
Mutter, dann wird dir nichts geschehen“.
Plötzlich hörte
Mariechen ihre Familie, die lauthals ihren Namen rief. Der Admiral flog voraus
und wies ihnen den Weg. Mariechen stieg hoch in die Luft, ohne zu bemerken,
dass die Hexenelfe verschwunden war. Hatte sie nur geträumt? Sie konnte nicht
länger darüber nachdenken, denn ihre Mutter nahm sie fest in die Arme. War das
eine Wiedersehensfreude bei der Marienkäferfamilie. Mutter Marienkäfer hatte
wohlweislich etwas Wasser und einen Läusebrei dabei. Der Admiral verabschiedete
sich und dann wurde zuerst einmal ordentlich gepicknickt. Voller Überschwang
erzählte Mariechen ihrer Familie von dem Abenteuer, dass sie erlebt hatte.
Inzwischen war es später Nachmittag. Die Marienkäferfamilie machte sich auf den
Weg nach Hause. Mariechen flog in der Mitte von Vater und Mutter, die
Geschwister vorne weg. Niemals mehr wollte sie sich verfliegen. Der Tag hatte ein
glückliches Ende und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute
auf der schönen Sommerwiese im Freilichtmuseum. ©AZ
hach wie süss
AntwortenLöschendanke für den schönen Ausflug auf die Sommerwiese <3
du hast so bildhaft geschrieben, dass ich den Marienkäfer sehen konnte
ganz liebe Grüße an dich!