Sonntag, 22. Februar 2015

Hurra, es ist ein Märchen...



Mariechen von der Sommerwiese und die Hexenelfe

Es war einmal ein kleiner Marienkäfer mit Namen Mariechen. Sie lebte mit ihrer Familie auf einer kleinen Sommerwiese mitten in einem Freilichtmuseum. Dort war immer etwas los. In den Sommermonaten kamen viele Besucher in das Museum. Familien mit Kindern, die gerne wissen wollten, wie die Menschen und Tiere früher gelebt haben. Auch alte Menschen erfreuten sich, da sie an ihre Jugend erinnert wurden. Mariechen flog schon früh am Morgen los, um Läuse zu suchen, da dies ihr allerliebstes Essen war. Ihre Eltern und die Geschwister waren immer in der Nähe, denn es drohten Gefahren, die so ein kleiner Marienkäfer nicht absehen konnte. Mutter Marienkäfer hatte ihr beigebracht sich immer unter einem Blatt zu verstecken oder die Farbe einer Pflanze zu wählen, die genauso aussah wie ihr eigenes Flügelkleid. So konnten die neugierigen Menschen Mariechen nicht finden und mit ihr spielen, denn das könnte sie das Leben kosten. Menschenkinder waren meistens nicht vorsichtig genug, denn Mariechens Flügelkleid war sehr zerbrechlich.

 Heute war es besonders warm in der Morgensonne und Mariechen tanzte von Pflanze zu Pflanze, weil sie gute Laune hatte. Plötzlich schaute sie sich um: Wo war die Familie geblieben? Normalerweise waren sie immer in Sichtweite. Wahrscheinlich kommen sie gleich, tröstete sich Mariechen und flog auf eine schöne, rote Klatschmohnblüte. „Hej, wer stört mich da?“, brummte eine Stimme hinter dem Blütenkelch. „Ich bin´s Mariechen und wer bist du?“ „Die dicke Erna, du störst“, brummte es zurück. Jetzt konnte Mariechen eine dicke Hummel erkennen, die Pollen sammelte. „Hallo dicke Erna, entschuldige bitte, ich wollte dich nicht stören. Ich mache eine kurze Pause und warte auf meine Familie, denn ich war so voller Freude über den schönen Morgen, dass ich zu schnell geflogen bin und jetzt habe ich sie aus den Augen verloren“. „Na dann warte hier, ich bin sowieso fertig und muss weiter“, brummte Erna und flog davon. Mariechen machte es sich am Blütenstempel bequem. Zum Glück hatte sie gut gefrühstückt, daher vermisste sie nichts. Die Zeit verging. Am Himmel hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht, es war schon Mittag geworden. „Hej, was gammelst du hier so herum?“, tönte eine fröhliche Stimme von der Seite. Mariechen erhob sich und schaute sich um. Auf der Nachbarblüte lag gemütlich ein Grashüpfer und kaute auf einem Grashalm herum. „Ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Hast du nichts zu tun?“, fragte er belustigt. „Ich habe mich verflogen und warte, dass mich meine Familie findet. Ich finde es gar nicht lustig, dass du mich heimlich beobachtest, du könntest mir besser behilflich sein. Hast du vielleicht meine Familie gesehen?“ „Nein leider nicht. Oh Gott, da kommt ein Mensch auf uns zu. Schnell versteck´dich. Ich hüpfe weiter. Viel Glück noch!“. Der Grashüpfer verschwand mit einem großen Sprung in die Wiese. Mariechen ärgerte sich. Der Kerl hatte sich noch nicht einmal vorgestellt. Sie hörte Menschenstimmen. Schnell versteckte sie sich hinter dem Blütenstempel. Doch die Stimmen entfernten sich wieder. Dem kleinen Marienkäferchen wurde es Angst und Bang ums Herz, ihr Magen begann zu knurren und sie hatte inzwischen fürchterlichen Durst. „Vielleicht finden sie mich nie mehr und ich muss hier verhungern und verdursten“, jammerte sie vor sich hin. In diesem Augenblick wurde es dunkel, ein großer Schatten hatte die Sonne verdeckt. Mariechen zitterte vor Angst. Plötzlich rüttelte und schüttelte es ganz fürchterlich. Mariechen hatte Mühe sich am Stempel festzuhalten. Eines dieser Menschenkinder war zurückgekehrt, hatte verbotenerweise den Klatschmohn gepflückt und hielt ihre Nase in den Blütenkelch, um daran zu riechen. „Mama, schau´, hier sitzt ein Marienkäfer in der Blüte“, hörte Mariechen das Menschenkind rufen. „Tanja, was habe ich dir gesagt, du sollst hier keine Blumen pflücken. Das ist hier verboten“, sagte eine schrille Frauenstimme. „Genau, das hat mir meine Mama auch erklärt und gesagt, dass ich hier sicher bin“, rief Mariechen mutig und schaute hinter dem Stempel hervor. Ohne Vorwarnung kam ein riesiges Gebilde auf Mariechen zu. „Komm kleines, klettere auf meinen Finger“, bat das Menschenkind. Mariechen zögerte und versteckte sich wieder. Dann stellte sie sich tot, dies hatte Papa ihr beigebracht. „Wenn Gefahr droht, bewegst du dich nicht und tust so, als ob du tot wärst“, hatte er gesagt, „dann haben die Feinde kein Interesse mehr an dir und du kannst fliehen, sobald sie dich loslassen“. Das Menschenkind schubste Mariechen hin und her, aber sie bewegte sich nicht. „Mama, der Marienkäfer ist tot“, hörte Mariechen das Kind schreien. „Schmeiße die Blume in die Wiese und komm“, rief die Mutter zurück und zog anschließend das Mädchen mit sich fort. Achtlos landete der Klatschmohn mit Mariechen in der Sommerwiese. Die wartete erst einmal, weil sie sich nicht sicher war, ob die Menschen zurückkamen. Plötzlich lachte eine glockenhelle Stimme über ihr: „Hi, hi,

hi du bist gar nicht tot, ich seh´ dich blinzeln! Diesen uralten Trick kenne ich“. Mariechen öffnete zuerst das eine Auge und lugte nach oben. Sie sah auf einem Grashalm ein Wesen sitzen, welches ihr noch nie begegnet war. Schnell öffnete sie das zweite Auge, um es genauer zu betrachten. Ein zierliches Ding in menschenartiger Gestalt, in einem hellrosa Rüschenkleidchen und nackten Beinen und Füssen, wippte auf dem Grashalm auf und ab. Langes, silbrig glänzendes Haar umrahmte ein zartes, ebenmäßiges Gesicht und die Lippen waren zu einem Lächeln gekräuselt. Belustigt schaute sie auf Mariechen herunter. Ihre Hände hielten sich beidseits am Halm fest, damit es nicht herunterfiel. „Wer bist du?“, fragte Mariechen und schaute staunend nach oben. „Ich heiße Gerlinde, aber alle nennen mich Lindchen. Ich bin die Hexenelfe des Zauberwaldes. Immer wenn ein Tier in Not gerät, klingelt bei mir ein Glöckchen und ich mache mich auf den Weg, um zu helfen. Du hast dich verflogen, stimmt's?“ „Oh ja, es ist schon Mittag und ich habe Hunger und Durst. Ich heiße Mariechen und seit heute Morgen bin ich hier. Ich habe mich so über den schönen, warmen Sommertag gefreut und bin zu schnell davon geflogen. Dabei habe ich meine Familie verloren. Die machen sich bestimmt Sorgen.“ Mariechen erzählte wie ein Wasserfall, was ihr bisher passiert war. Die Hexenelfe grinste spitzbübisch. „Ja, ja, das geht einem so, wenn man übermütig ist. Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass du bei ihnen bleiben sollst, hier draußen auf der Sommerwiese?“ „Doch schon, aber ich habe es in dem Moment, als ich die vielen bunten Blumen sah, vergessen“, sagte Mariechen mit reumütiger Stimme. „Dabei kann man schnell in Gefahr geraten und meistens geht es nicht so glimpflich ab, wie bei dir heute“, meinte die Hexenelfe mit strengem Blick. Mariechen schämte sich. „Nun, ich wäre keine Hexenelfe, wenn ich dir nicht helfen könnte“, kam es beruhigend hinterher. Gleich werden deine Eltern und Geschwister hier sein. Ich habe ihnen einen Botenschmetterling, den Admiral, geschickt und der führt sie hierher. Für eines muss ich dich noch loben: Du hast auf den Rat deines Vaters gehört und dich tot gestellt. Dies hat dir das Leben gerettet. Also höre, bis du erwachsen bist, immer auf Vater und Mutter, dann wird dir nichts geschehen.

Plötzlich hörte Mariechen ihre Familie, die lauthals ihren Namen rief. Der Admiral flog voraus und wies ihnen den Weg. Mariechen stieg hoch in die Luft, ohne zu bemerken, dass die Hexenelfe verschwunden war. Hatte sie nur geträumt? Sie konnte nicht länger darüber nachdenken, denn ihre Mutter nahm sie fest in die Arme. War das eine Wiedersehensfreude bei der Marienkäferfamilie. Mutter Marienkäfer hatte wohlweislich etwas Wasser und einen Läusebrei dabei. Der Admiral verabschiedete sich und dann wurde zuerst einmal ordentlich gepicknickt. Voller Überschwang erzählte Mariechen ihrer Familie von dem Abenteuer, dass sie erlebt hatte. Inzwischen war es später Nachmittag. Die Marienkäferfamilie machte sich auf den Weg nach Hause. Mariechen flog in der Mitte von Vater und Mutter, die Geschwister vorne weg. Niemals mehr wollte sie sich verfliegen. Der Tag hatte ein glückliches Ende und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute auf der schönen Sommerwiese im Freilichtmuseum. ©AZ

1 Kommentar:

  1. hach wie süss
    danke für den schönen Ausflug auf die Sommerwiese <3
    du hast so bildhaft geschrieben, dass ich den Marienkäfer sehen konnte
    ganz liebe Grüße an dich!

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